Berta
WEIL

1872 - 1941 I
Marktstätte 17
Stolperstein verlegt am 19.5.2024
Berta WEIL Marktstätte 17

Sie wurde nach Gurs verschleppt und starb dort an den unmenschlichen Bedingungen

Mit der Machtübernahme der Nazis 1933 radikalisierte sich auch in Konstanz der Antisemitismus. Am 1. April 1933 riefen die Nazis zu einem reichsweiten Boykott jüdischer Geschäfte auf. Vor den jüdischen Geschäften in Konstanz standen SA-Posten mit Schildern: „Deutsche Wehrt Euch! Kauft nicht bei Juden.“ Josef Weil erkannte die Zeichen der Zeit und verkaufte sein Geschäft im Dezember 1936 für 55.000 Reichsmark; der Verkehrswert der Immobilie lag bei etwa 61500 Reichsmark. Käufer war der Konstanzer Zahnarzt Dr. Max Osterwalder (1900-1994), der im Haus seine Praxis einrichtete. Dennoch kann in diesem Fall nicht von „Arisierung“ gesprochen werden, da das Haus nur schwer zu verkaufen war. Osterwalder war Josef Weil sogar behilflich, die Kaufsumme in die Schweiz zu transferieren. Josef Weil verzichtete dann nach dem Krieg auch auf die Rückgabe des Hauses.

Josef Weil emigrierte im Oktober 1938 mit seiner Frau Gitta und den beiden Kindern Klara und Jakob in die USA. Warum nicht auch seine Mutter, Berta Weil, mitkam, konnte nicht ermittelt werden. Es scheint jedoch so, dass auch sie an Auswanderung dachte, weil auf ihrer Meldekarte stand: „ 12.9.1938 New York“. Nach dem Verkauf des Hauses an der Marktstätte zog sie am 24. August 1938 in eine Wohnung in der Saarlandstraße 25 (Bodanstraße). Später wurde dieses Haus nach dem Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden vom 30. April 1939 zu einem „Judenhaus“ erklärt. In der Nazi-Terminologie war ein „Judenhaus“ ein Haus, das einem Juden gehörte und in dem nur Juden wohnen durften.

Josef Weils Schwester Betty heiratete 1920 in Konstanz Edwin Levi (geb. am 25.12.1890 in Worblingen). Er war von Beruf Elektroingenieur. Im ersten Weltkrieg wurde er schwer verwundet. In den 20er Jahren war Levi als Vertreter für eine Berliner Krawattenfabrik unterwegs. Anfang 1935 übersiedelte das Paar nach Schaffhausen, nachdem Edwin Levi seine Stelle beim Konstanzer Theater 1933 verloren hatte. 1939 übersiedelte das Ehepaar Levi nach Haifa/Palästina.

Am 22. Oktober 1940 wurde Berta Weil zusammen mit 112 Juden aus Konstanz in das Lager Gurs im Südwesten von Frankreich am Fuße der Pyrenäen deportiert. Zum Zeitpunkt ihrer Deportation war sie 68 Jahre alt.

An den unmenschlichen Haftbedingungen im Lager starben im Winter 1940/41 Hunderte von Häftlingen, darunter auch Berta Weil. Sie starb am 9. Dezember 1940 und wurde auf dem Friedhof des Lagers Gurs beerdigt.

Recherche: Uwe Brügmann
Patenschaft: Familie Brausse / Taube

Quellen & Literatur:

Staatsarchiv Freiburg, F 196/1 Nr. 8785; F 64/2 Nr. 504; P 303/4 Nr. 1334
Stadtarchiv Konstanz
Pau, Archiv departementales des Pyrénées-Atlantiques, Cote AD 64, 72W70

Literatur:
Engelsing, Tobias: Das jüdische Konstanz. Konstanz: Südverlag, 2015
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Familienmitglieder

Josef
WEIL

1891 - 1990 I
Marktstätte 17

Gitta
WEIL

1896 - 1962 I
Marktstätte 17

Klara (Claire)
WEIL

1921 - 2016 I
Marktstätte 17

Jakob (Jack)
WEIL

1925 - 2019 I
Marktstätte 17