Richard
LIEBERMANN

1900 - 1966 I
Obere Laube 64
Stolperstein verlegt am 14.07.2010
Richard LIEBERMANN Obere Laube 64

Der gehörlose Porträt- und Landschaftsmaler

Am 21. Oktober 1900 wird Richard Liebermann in Neu-Ulm geboren. Seine Eltern bemerken erst spät, dass ihr zweitältester Sohn Richard taubstumm ist. Mit seiner Schwester Gertrud entwickelt er eine eigene Gebärdensprache. Im September 1907 wird Richard Liebermann in dem königlichen Taubstummeninstitut in München aufgenommen. Der Unterricht ist für den Jungen sehr anstrengend.

Er malt und malt .… immer mehr Zeichnungen von ihm gelingen und sein großes Talent bleibt auch den Lehrern nicht verborgen. Inzwischen ist Richard 12 Jahre alt, seine Bilder sprechen ausdrücklich für eine spätere Ausbildung. Er besucht die Akademie der Künste in München und wird Kunstmaler.

1933 erhält er durch die Nazis Berufsverbot als freier Künstler, obwohl er 1923 zum Katholizismus konvertiert ist. Für kurze Zeit kann er im jüdischen Landschulheim Herrlingen unterrichten.

1935 zieht er mit seinen Eltern und Geschwistern nach Konstanz, der Geburtsstadt seiner Mutter Hedwig Liebermann, geb. Wieler. Hier erhofft sich die Familie Unterstützung durch die Brüder der Mutter, die in Kreuzlingen leben und arbeiten. Es gelingt der Familie Liebermann jedoch nicht, in die Schweiz einzureisen.

In Richard Liebermanns Pass steht jetzt Richard Israel Liebermann.

Nach der Sprengung der Konstanzer Synagoge werden am 10. November 1938 auch die Brüder Richard und Hans ins Konzentrationslager Dachau verschleppt. Mitte Dezember 38 kehren sie krank und abgemagert nach Konstanz zurück.

Am 22. Oktober 1940 werden Richard Liebermann, sein Vater Heinrich, sein älterer Bruder Paul und seine Schwester Gertrud nach Gurs deportiert. Der Bruder Hans und die Mutter bleiben zurück, da sie im Oktober 1940 krank im Konstanzer Spital liegen. Sie werden kurz später verschleppt und im Januar 1941 in Brandenburg ermordet.
 
In Gurs leiden die Menschen unter Hunger, den schwierigen Lebensbedingungen, Krankheit und der Isolation. Vom Schicksal der Mutter und des Bruders wissen sie nichts. Etwas Unterstützung erhält Familie Liebermann durch Pakete von den Verwandten aus der Schweiz.
 
Richard malt auch in Gurs und dem Lager Noé, in das die Familie Anfang 1941 verlegt worden ist. Vater Heinrich erkrankt schwer und stirbt dort 1942.
 
Den 3 Geschwistern gelingt 1943 die Flucht aus Noé in das Kloster St.Rambert, dort können Sie unerkannt bis Kriegsende überleben.
 
In St. Rambert malt Richard mit einfachsten Mitteln weiter, macht Collagen aus Stanniolpapier, weniger Portraits.
 
Sein Bruder stirbt 1958 in St. Rambert, Richard, an Parkinson erkrankt, stirbt 1966.
 
Das künstlerische Werk von Richard geht weitgehend verloren, einige Werke sind noch auf Fotografien in einer Etui-Mappe erhalten, die der Künstler selber noch im Sommer 1939 von seinen wichtigsten Werken anlegte.
 
Sein Gesamtwerk soll aus etwa 300 Ölbildern, 180 Aquarellen, 530 Zeichnungen und zahlreichen Collagen bestehen.
 
Seine Schwester Gertrud kehrt 1972 nach Konstanz zurück, wo sie 1995 stirbt.

Recherche: Gaia Quintini
Patenschaft: Raffael Wieler

Quellen & Literatur:

Biografie:
Raffael Wieler-Bloch, Richard Liebermann. Der gehörlose Porträt- und Landschaftsmaler 1900-1966

Zaurov, Mark: Spurensuche: Richard Liebermann (1900-1966) – Ein jüdischer gehörloser Künstler und sein Werk. In: Das Zeichen, Nr. 59, Hamburg 2002, S. 120-123
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Familienmitglieder

Hedwig
LIEBERMANN, geb. WIELER

1875 - 1941 I
Obere Laube 64

Heinrich
LIEBERMANN

1866 - 1942 I
Obere Laube 64

Paul
LIEBERMANN

1899 - 1958 I
Obere Laube 64

Gertrud
LIEBERMANN

1902 - 1995 I
Obere Laube 64

Hans
LIEBERMANN

1903 - 1941 I
Obere Laube 64