Lina
EICHLER, geb. SCHWARZHAUPT

1871 - 1965 I
Blarerstraße 48
Stolperstein verlegt am 14.07.2010

Obwohl Lina zum Zeitpunkt der Deportation schon 73 Jahre alt war, überlebte sie das KZ

Lina Eichler, geb. Schwarzhaupt, wurde am 04. August 1871 in Regensburg in einer jüdischen Familie geboren. Ihr Vater, Max Schwarzhaupt (1836-1912), war Hopfenhändler und Brauereibesitzer; ihre Mutter hieß Maria. Mit 18 Jahren zog Lina Schwarzhaupt nach Konstanz zu ihrer Schwester Klara Rosenthal, die hier verheiratet war. 1905 heiratete Lina Eichler den katholischen Bankbeamten Emil Eichler und trat zum Katholizismus über. 1928 wurde die Ehe auf Veranlassung ihres Mannes geschieden. Sie blieb zwar katholisch, „habe aber ihre Rassezugehörigkeit nie verleugnet.“

Nach ihrer Scheidung betrieb Lina Eichler in der Blarerstraße 41 einen Versandhandel für Weiss- und Wollwaren, ein so genanntes Etagengeschäft, wie es damals hieß. Nach der Verordnung zur Ausschaltung von Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben vom 23. November 1938 musste Lina Eichler ihr Geschäft schließen. Sie zog zu einer ihrer Töchter in die Blarerstraße 48. Seitdem lebte sie von Zuwendungen ihrer drei Kinder Else, geb. 1912, Paula, geb. 1906, und Walter, geb. 1909. Seit März 1942 musste Lina Eichler den Judenstern tragen.

Wie durch ein Wunder entging Lina Eichler der Deportation von 108 Konstanzer Juden nach Gurs am 22. Oktober 1940, weil sie zu diesem Zeitpunkt verreist war.

Auch von der zweiten Deportation am 24. April 1942, die acht noch in Konstanz verbliebene Juden betraf, welche im Jüdischen Gemeindehaus in der Sigis­mundstraße 21 wohnten, blieb sie verschont.
 
Nach diesem zweiten Transport blieben nur noch jüdische Frauen in Konstanz, die in einer „anerkann­ten Mischehe“ lebten. Ganz offensichtlich hatten der Name ihres geschiedenen Mannes und ihre katholische Konfession Lina Eichler vor der Deportation geschützt, obwohl sie nicht mehr das Privileg der „Mischehe“ genoss. Am 10. Januar 1944 wurde sie wohl als letzte Jüdin von der Gestapo abgeholt und in das KZ Theresienstadt gebracht. Obwohl sie zum Zeitpunkt der Deportation schon 73 Jahre alt war, überlebte sie das KZ.
 
Am 8. Mai 1945 wurde das KZ Theresienstadt von sowjetischen Truppen befreit. Nach 15 Monaten KZ-Aufenthalt kam auch Lina Eichler frei. Gesundheitlich schwer angeschlagen kehrte sie nach Konstanz zurück. Sie erhielt eine kleine finanzielle Ent­schäd­igung sowohl für die Zeit, wo sie den Judenstern tragen musste, als auch für die Haft im KZ Theresienstadt.

 
Hoch betagt starb Lina Eichler am 13. Januar 1965 in Konstanz. Sie ist auf dem jüdischen Friedhof in Konstanz begraben.

Recherche: Petra Quintini
Patenschaft: Birgit Lockheimer

Quellen & Literatur:

Staatsarchiv Freiburg, Entschädigungsakte Lina Eichler, F 196/1, 427.
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