Ludwig Büchler wurde am 1. April 1900 in Mörchingen in Lothringen geboren. Lothringen gehörte damals zum deutschen Reich.
Sein Vater betrieb eine Kantine in einer Kaserne. Büchler hatte neun Geschwister. Nach dem Besuch der Grundschule ging er auf die Gewerbeschule in Metz; nebenher arbeitete er auf dem Bau und in einem Steinmetzbetrieb. Von 1919 bis 1924 studierte er am Technikum Karlsruhe Tiefbau.
Nach seinem Examen war er kurze Zeit in Freiburg beim Wasser-und Straßenbauamt beschäftigt und trat dann Ende des Jahres 1924 als Baumeister in den Dienst der Stadt Konstanz. Er war hier in führender Position bei allen größeren Bauvorhaben der 30er Jahre beteiligt: Umbau der Rheinbrücke, Bau des Rheinstrandbades, Bau der Haidelmoos-Siedlung, Bau der „Bodenseekampfbahn“, Bau des Hafens für die Fähre Konstanz-Meersburg und Verbreiterung der Reichenaustraße.
1926 lernte Büchler seine spätere Frau Else, geb. Kahn, gebürtig aus Buchau am Federsee, kennen, wo auch im Dezember 1930 die Hochzeit stattfand. Nach der Machtübernahme der Nazis geriet er bei seinem Arbeitgeber, der Stadt Konstanz, zunehmend unter Druck wegen seiner jüdischen Frau. Nach den Nürnberger Rassegesetzen von 1935 galt er jetzt als „jüdisch versippt“. 1936 wurde er deswegen aus der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) ausgeschlossen. Der Kreisleiter der NSDAP Konstanz, Carl Engelhardt, bescheinigte ihm zwar einen „Mangel an Rasseinstinkt“, befürwortete aber dennoch nicht seine Entlassung.
Die zunehmende Ausgrenzung der Juden aus dem gesellschaftlichen Leben in Konstanz nach der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 machte Ludwig Büchler schwer zu schaffen. Nach der Pogromnacht beantragte Büchler Visa beim amerikanischen Konsulat für die Emigration in die USA. Im April 1939 hätte er die VISA abholen können, er entschied sich dann aber doch mit seiner Frau in Konstanz zu bleiben.
Paradoxerweise erhoffte sich Büchler von Hitler einen Ausweg aus seiner bedrückenden Situation. Am 27. Februar 1939 schrieb er nämlich persönlich an Hitler und legte ihm seine Situation dar. „Ich bin jetzt über 8 Jahre mit meiner Frau verheiratet und lebe in überaus gutem Einvernehmen mit ihr, sodass mir aus menschlichen Gründen eine Trennung unmöglich ist. […] Es war ihr verschiedentlich die Möglichkeit geboten, wohlhabendere Männer zu heiraten, die ihr bestimmt ein sorgenfreieres Leben geboten hätten, als ich in der Lage war. Wenn ich mir heute diese Vergangenheit wieder vergegenwärtige und den Ablauf meiner Ehe in Betracht ziehe, so ist es mir unmöglich mich von meiner Frau zu trennen.“ Büchlers Schreiben leitete Hitler an das Reichsinnenministerium weiter, von dort ging es an das Badische Innenministerium und von dort weiter an den Badischen Landeskommissär (Vertreter des Innenministeriums) in Karlsruhe. Eine konkrete Reaktion auf Büchlers Schreiben scheint nicht erfolgt zu sein.
Immer wieder übte Bürgermeister Mager Druck auf Büchler aus, sich von seiner Frau zu trennen, auch unter der Androhung seiner Entlassung aus städtischen Diensten. Doch Büchler stand fest zu seiner Frau. Am 13. Januar 1940 antwortete Büchler dem Bürgermeister: „Meine Frau und ich haben vor zehn Jahren aus gegenseitiger Zuneigung die Ehe geschlossen. Wenn man zehn Jahre in guter und harmonischer Ehe gelebt hat, ist es meiner Auffassung nach unmöglich, sich vom Ehepartner wegen eines materiellen Vorteils zu trennen. Ich habe mich daher entschlossen bei meiner Frau zu bleiben. Man kann nicht einfach seiner Frau, die ja schließlich Lebensgefährtin sein soll, weggeben wie man einen toten Gegenstand weggibt.“ Nach dem Krieg aber, fuhr Büchler in seinem Brief fort, werde er seine Stelle bei der Stadt aufgeben und Deutschland verlassen.
Im Juni 1940 wurde Büchler zur Wehrmacht eingezogen, um französische Kriegsgefangene in Donaueschingen zu bewachen. Für den Dienst mit der Waffe war er untauglich, da er auf einem Auge fast blind war. Die Stadtverwaltung forderte umgehend seine vorgesetzte Dienststelle auf, ihn vom Militärdienst freizustellen. Büchler werde dringend in Konstanz gebraucht. Schon im Januar 1941 war er wieder als Zivilist in Konstanz.
Am 22. Oktober 1940 wurden 108 Konstanzer Juden nach Gurs deportiert. Die meisten von ihnen wurden im August 1942 über die Zwischenstation Drancy bei Paris nach Auschwitz gebracht und dort ermordet. Büchlers Liebe zu seiner Frau und seine Weigerung, sich von ihr zu trennen, hat ihr mit Sicherheit das Leben gerettet. Er hat wahrscheinlich noch einer anderen Jüdin das Leben gerettet, die ebenfalls in einer „privilegierten Mischehe“ lebte, indem er auf deren Partner einwirkte, sich nicht scheiden zu lassen. Wie bei seiner Frau hätte auch bei dieser Jüdin eine Scheidung der sichere Tod bedeutet.
Wegen seiner jüdischen Frau musste Büchler auch berufliche Nachteile in Kauf nehmen. So blieb ihm schon 1938 die Ernennung zum Beamten verwehrt; statt seiner wurde ein weniger qualifizierte Mitarbeiter des Tiefbaumamts, der aber Parteimitglied war, zum Beamten ernannt. Eine 1941 erteilte Erlaubnis, nebenberuflich für den in Konstanz ansässigen Lehrmittelverlag Dr. Christiani tätig zu sein, wurde ihm 1943 von der Stadtverwaltung wieder entzogen. Auf der anderen Seite blieb ihm wegen seiner jüdischen Frau eine Versetzung nach Berlin erspart. Der Reichsminister des Innern hatte ihn im Juni 1943 für einen „kriegswichtigen Einsatz zur Organisation Todt“ in Berlin angefordert, dann aber auf ihn verzichtet, weil seine Frau „nichtarischer Abstammung“ sei. So blieb Büchler in Konstanz und konnte sich seiner am 25. Mai 1942 geborenen Tochter Monika widmen. Das Ehepaar Büchler bekam das reguläre Kindergeld, weil sich Ludwig Büchler verpflichtet hatte, seiner Tochter ein „deutsche Erziehung“ angedeihen zu lassen. Seine Tochter beschrieb ihren Vater später als einen „knorrigen, knurrigen Mann“, der “immer mutig, absolut mutig“ war.
Nach dem Krieg war Büchler sechs Jahre kommissarischer Leiter des städtischen Tiefbauamtes. Er wurde jedoch nicht zum hauptamtlichen Leiter ernannt, obwohl sich die Gewerkschaft und der städtische Gesamtbetriebsrat für ihn eingesetzt hatten. Seine letzten Berufsjahre waren durch einen Rechtsstreit mit der Stadt Konstanz überschattet. Die Stadt warf ihm fahrlässigen Umgang mit städtischen Geldern vor und forderte fast 16.000 DM Schadensersatz von ihm. Pikanterweise erfuhr Büchler von diesen Vorwürfen aus der örtlichen Zeitung „Südkurier“ im Mai 1956. Das Verfahren setzte Büchler arg zu. Verbittert ging er vorzeitig am 1. November 1957 in den Ruhestand, nachdem er den größten Teil der städtischen Forderung beglichen hatte.
Ludwig Büchler starb am 4. Juni 1982 in Konstanz.