Jonas Adler wurde am 23. November 1875 in Konstanz geboren. Zusammen mit seiner Frau Emma betrieb er eine kleine Bäckerei in der Neugasse 30. Die Neugasse und die nahe Passage (der heutige Augustiner-Platz) waren eine Wohngegend von armen Leuten und ein übel beleumundetes Kneipenviertel. Das Ehepaar hatte eine Tochter Theresia, geb. 21. Oktober 1904. Als jüdischer Bäcker versorgte Jonas Adler nicht nur die umliegenden Bewohner mit Brot und Backwaren, sondern auch die jüdischen Einwohner mit Mazzes, ein ungesäuerter dünner Brotfladen, der von religiösen und traditionsverbundenen Juden während des Pessachfestes gegessen wird.
Nach ihrer Machtübernahme riefen die Nazis zum Boykott der jüdischen Geschäfte am 1. April 1933 in Konstanz auf. Dieser Aufruf, der in der nationalsozialistischen „Bodensee-Rundschau“ veröffentlicht wurde, erwähnte auch die Bäckerei Adler. Der Tod von Jonas Adler am 30. September 1933 durch einen Herzinfarkt ging indirekt auf die Hetze gegen ihn und seine Bäckerei zurück.
In seiner Traueransprache wies der Rabbiner Dr. Chaim Chone darauf hin, dass Jonas Adler ein Opfer des Terrors, des Boykotts und der Judenhetze der Nazis geworden sei. Chaim Chone war ein national gesinnter Rabbiner, der im Ersten Weltkrieg selbst Soldat war. Nach der Trauerfeier wurde Chone polizeilich vernommen und verwarnt. Ende 1935 emigrierte er nach Palästina, wo er 1946 starb.
Nach dem Tod von Jonas Adler weigerte sich seine Frau Emma standhaft, die Bäckerei an einen „arischen Bäcker“ zu verkaufen. Auch sie war dauernden Repressalien ausgesetzt und wurde immer wieder zu den Behörden zitiert. Nach einem dieser Besuche erlitt sie auf der Straße einen Herzanfall, an dessen Folgen sie am 12. März 1935 starb.
Nach dem Tod ihrer Mutter führte die Tochter Theresia mit ihrem Mann, Ernst Baer, die Bäckerei bis 1938 weiter. Ernst Baer, geb. 23. August 1904 in Seligenstadt am Main, war ebenfalls Bäcker. Nachdem die Nazis den Druck auf die jüdischen Geschäftsleute ständig verschärft hatten, verkauften die Baers die Bäckerei an einen „arischen“ Bäcker namens Josef Breinlinger. Man kann annehmen, dass die Baers die Bäckerei unter Wert verkaufen mussten. Mit dem Erlös konnten sie ihre Flucht (Emigration) in die USA finanzieren. Mit ihrer Tochter Inge, die am 17. Juni 1937 geboren wurde, schiffte sich die Familie Baer in Le Havre auf der „SS Georgic“ Richtung USA ein. Am 8. Juli 1938 betraten die Baers in Ellis Island amerikanischen Boden.
Die Familie Baer wohnte in New York. Ihre zweite Tochter Irene wurde am 18. Juni 1939 in New Jersey geboren. Ernst Baer, der sich nun Ernest nannte, arbeitete in der Brot- und Keksfabrik Devonsheer Melba Corporation. Am 14. Februar 1942 wurde er für die amerikanische Armee gemustert. Ob er tatsächlich Soldat war und wann und wo er eingesetzt war, konnte nicht ermittelt werden.
Theresia Baer starb am 31. Mai 1953 in New York. Ihr Mann Ernest Baer überlebte sie fast um dreißig Jahre und starb am 23. September 1981 in Bergen, New Jersey. Beide wurden auf dem jüdischen Friedhof Mount Moriah Cemetery in Bergen County, New Jersey beerdigt.