Paul
MARTIN

1904 - 1949 I
Kreuzlinger Straße 8
Stolperstein verlegt am 03.05.2017
Paul MARTIN Kreuzlinger Straße 8

Er trat 1924 in die KPD ein und leitete die Ortsgruppe Konstanz bis zum Machtantritt Hitlers

Paul Martin wurde am 10. April 1904 in Konstanz geboren. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf.

Sein Vater war Kleinbauer. Früh verlor er seine Eltern und musste sich als Dienstbub bei anderen Bauern seinen Lebensunterhalt verdienen. Er erlernte den Beruf des Schmieds. 1923 fand er Arbeit in den Georg-Fischer-Werken in Singen.

Paul Martin war verheiratet mit Marie, geb. Burth. In den Jahren 1924 bis 1931 arbeitete er, wie so viele Konstanzer, in der Schweiz.

Er trat 1924 in die KPD ein und leitete die Ortsgruppe Konstanz bis zum Machtantritt Hitlers. Einen Tag nach den Reichstagswahlen vom 5. März 1933, bei der die Nazis 43,9% der Stimmen erhielten, wurde Paul Martin verhaftet und bis zum 5. Mai 1933 in Konstanz in „Schutzhaft“ genommen.

Da er sich nach seiner Freilassung weigert, der Deutschen Arbeitsfront (DAF), der neuen national­sozialistischen Einheitsgewerkschaft, beizutreten, wurde er erneut verhaftet und „staatspolitischen Maßnahmen“ zugeführt, wie es im Nazi-Jargon hieß.

Diese bestanden darin, dass er in das KZ Ankenbuck (ein ehe­mali­ges Hofgut auf der Baar zwischen Donau­eschingen und Bad Dürrheim) eingewiesen und dort bis zum 20. Dezember 1933 festgehalten wurde. Bei den Gefangenen dort handelte es sich ausnahmslos um politische Gegner des Nationalsozialismus: Kommunisten, Sozialdemokraten und Freigewerk­schafter aus Baden.
 
Der Lagerleiter Franz Mohr, ein pensionierter Polizei­major aus Karlsruhe, sorgte dafür, dass es im Lager zu keinen Misshandlungen an Häftlingen kam.
 
Am 7. Januar 1934 wurde Paul Martin erneut verhaftet und am 8. Juni 1934 vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe wegen Vorbereitung zum Hochverrat angeklagt. Aus Mangel an Beweisen wurde Paul Martin jedoch freigesprochen.
 
1939 fand Paul Martin Arbeit in den Rieter-Werken in Konstanz, die Maschinen für die Ziegelherstellung produzierten. Wegen seiner angeschlagenen Gesund­heit, als Folge der Haft, war er vom Kriegsdienst befreit. 1943 wurde er gänzlich arbeitsunfähig geschrieben und bezog eine niedrige Versehrtenrente.
 
Nach dem Krieg engagierte sich Paul Martin beim Widerstandsblock in Konstanz. Der Widerstandsblock unter der Leitung des Apothekers und Altstadtrats Bruno Leiner war so etwas wie ein Bürgerkomitee, das sich sowohl der Opfer des Naziregimes annahm als auch akribisch dokumentierte, wer in Konstanz der NSDAP, der Gestapo oder anderen NS-Organisationen angehört hatte. Neben Bruno Leiner war der Kommu­nist Vinzenz Kerle, den die französische Besatzungs­macht von Mai bis Juni 1945 zum Oberbürgermeister eingesetzt hatte, die treibende Kraft der Widerstandsblocks.
 
Paul Martin war 13 Monate in Haft.
 
Er starb am 4. September 1949 in Konstanz.

Recherche: Uwe Brügmann
Patenschaft: Dagmar Schmieder

Quellen & Literatur:

Staatsarchiv Freiburg, Entschädigungsakte Paul Martin, F 196/1, 1770.
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