Arthur
KRESSNER

1901 - 1943 I
Konradigasse 22
Stolperstein verlegt am 03.05.2017
Arthur KRESSNER Konradigasse 22

Vom politisch interessierten Bürger zum Opfer der Nazi-Verfolgung in den Konzentrationslagern Dachau, Buchenwald und Neuengamme

Arthur Kressner wurde am 1. August 1901 in Konstanz geboren. Sein Vater war Albert Kressner und gebürtig aus Coswig/Sachsen. Er war Schneider von Beruf.

Seine Mutter Sophie, geb. Ruch, war Hausfrau, aber trotzdem politisch sehr aktiv. Sie war von 1930 bis 1933 für die KPD im Bürgerausschuss von Konstanz; sie starb 1936 nach längerer Krankheit.

Arthur Kressner hatte 9 Geschwister. Nach dem Besuch der Volksschule arbeitete er bis 1927 in der Kartonagen AG in der Schweizer Nachbargemeinde Kreuzlingen und danach bis 1935 in einer Radolfzeller Kartonagenfabrik.

Anschließend war er bei der Stadt Konstanz beim Fürsorge- und Jugendamt und ab 1938 als städtischer Amtsbote beschäftigt.

Auf Grund eines Magenleidens wurde er vom Kriegs­dienst zurückgestellt. Im Juni 1940 heiratete er Elisabeth, geb. Benz, aus Emmendingen. Das Ehepaar hatte zwei Kinder.

Wenngleich Kressner nicht Mitglied der KPD war, so interessierte er sich doch brennend für die Sowjet­union; zweifellos darf hier eine Beeinflussung durch seine Mutter angenommen werden.

Von 1934 bis 1939 hörte er regelmäßig den deutsch­sprachigen Dienst von Radio Moskau, der auf Lang­welle am Abend in Konstanz gut zu empfangen war. Mit einem befreundeten ehemaligen KPD-Mitglied sprach er regelmäßig über die Sendungen.

Mehrmals hatte Kressner von Kreuzlingen aus über eine Deckadresse brieflich Kontakt mit dem Moskauer Sender aufgenommen und um weitere Informationen über die sozialen Verhältnisse in der Sowjetunion gebeten. Von Herbst 1939 bis Frühjahr 1940 besuchte Kressner in Konstanz einen russischen Sprachkurs, um später, wie er gegenüber der Gestapo im Verhör zugab, in die Sowjetunion auszuwandern.

Nach dem Tod seiner Mutter im Oktober 1936 bat er in einem Brief Radio Moskau um eine finanzielle Unterstützung für die angelaufenen Krankenhaus­kosten. Als Begründung für dieses Ansinnen gab er an, seine Mutter sei schließlich eine verdiente Kommunistin gewesen. Auf diese Bitte antwortete Radio Moskau nicht. Die Gestapo wertete sein Bittschreiben an Radio Moskau als Ausdruck einer „gewissen Beschränktheit“.

Als Kressner eine schon vor seiner Hochzeit bestehende Beziehung zu einer anderen Frau wieder aufnahm, denunzierte ihn seine Ehefrau bei der Gestapo. Daraufhin wurde er Anfang März 1941 verhaftet und in Untersuchungshaft genommen.

Am 12. August 1941 wurde er vom Oberlandesgericht Stutt­gart unter dem Vorsitz von Senatspräsident Hermann A. Cuhorst (1899-1991) wegen Vorberei­tung zum Hochverrat zu 1 Jahr und 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Dabei wurde ihm 5 Monate Untersuchungshaft auf die Strafe angerechnet. Sein Verbrechen bestand darin, dass er jahrelang Radio Moskau gehört hatte. „Aus Gründen der Abschrek­kung muß im Interesse der allgemeinen Staats­sicherheit und der deutschen Volksgemeinschaft gegen jegliche hochverräterischen kommunistischen Umtriebe mit aller Schärfe eingeschritten werden.“ Erschwerend kam hinzu, dass bei ihm eine Vielzahl kommunistischer Broschüren gefunden wurde, die aber offensichtlich seiner verstorbenen Mutter gehört hatten.
 
Am 26. August 1941 wurde er vom Landgerichtsgefängnis Konstanz in das Gefängnis Ulm überführt, wo er seine Strafe verbüßte.
 
Nach Verbüßung seiner Strafe wurde er von der Gestapo erneut verhaftet und am 16. September 1942 in das KZ Dachau eingewiesen; seine Häftlingsnummer war 36616.
 
Wenige Tage später, am 19. September 1942, wurde er in das KZ Buchenwald verlegt, wo er die Häftlingsnummer 8841 hatte. Er wurde der III. SS-Baubrigade Köln zugeteilt, die hier in der Region zur Beseitigung von Bombenschäden im Einsatz war.
Von Buchenwald wurde Arthur Kressner Anfang Januar 1943 in das KZ Neuengamme verlegt. Das KZ Neuengamme im Südosten von Hamburg war das größte Konzentrationslager Nordwestdeutsch­lands. Ursprünglich ein Außenlager des KZ Sachsen­hausen, war Neuengamme ab 1940 ein selbständiges Konzentrationslager mit über 80 Außenlagern. Von den mehr als 100.000 Menschen aus ganz Europa, die hier inhaftiert waren, kamen 91% aus den besetzten Ländern. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen waren mörderisch; etwa 43.000 Menschen kamen im KZ Neuengamme und seinen Außenlagern ums Leben.
 
Im KZ Neuengamme hatte Kressner die Häftlings­nummer 14737. Er wurde der II. SS-Baubrigade zugeteilt, die bei ihrer Gründung etwa 750 Mann umfasste. Untergebracht war die Baubrigade in der Hindenburg-Kaserne in Bremen.
 
Ihre Aufgabe war es, die Straßen von Osnabrück, Bremen und Bremerhaven nach alliierten Bomben­angriffen von Trümmern frei zu räumen und Luft­schutzbunker anzulegen. Bremen wurde in der Nacht vom 25. auf den 26. Juni 1942 Ziel eines einstündigen „1000-Bomber-Angriffs“ und erlitt schwerste Zer­störungen. Ende 1942 und Anfang 1943 erfolgten weitere schwere alliierte Luftangriffe auf Bremer­haven. Im Juni und Oktober 1942 war Osnabrück das Ziel britischer Luftangriffe.
 
Die Arbeit der Häftlinge in der SS-Baubrigade war schwer. Schlechte Ernährung, Krankheiten, lange Arbeitszeiten, rücksichtsloses Arbeitstempo und lange Zählappelle führten zu zahlreichen Todesfällen in der Baubrigade. In der II. SS-Baubrigade lag die monatliche Zahl der Todesopfer in den Monaten Oktober 1942 bis August 1943 zwischen 5 und 40.
Zu den Opfern gehörte auch Arthur Kressner. Er starb, nicht ganz 42 Jahre alt, am 4. Juli 1943 an „Versagen von Herz und Kreislauf. Magen-Darm­katarrh“, wie es in der Totenliste des Lagers hieß.
 
Überlebende Häftlinge haben jedoch berichtet, dass die in den Urkunden genannten Todesursachen meist willkürlich aus einer vorgegebenen Liste von Krank­heiten ausgewählt wurden, um die wirklichen Todes­ursachen wie Hunger, Misshandlungen oder tödliche Erschöpfung durch die schwere Zwangsarbeit zu verschleiern.

Recherche: Uwe Brügmann
Patenschaft: Stephan Schulz

Quellen & Literatur:

ITS Arolsen, Archiv KZ Dachau, Archiv KZ Neuengamme, Stadtarchiv Konstanz.
Bundesarchiv Berlin, Akte R 3001/138526.
Karola Fings, Krieg, Gesellschaft und KZ: Himmlers SS-Baubrigaden. Paderborn: Schöningh, 2005.
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