Joseph Wilhelm
ILL

1909 - 1944 I
Fischenzstraße 55
Stolperstein verlegt am 22.05.2009
Joseph Wilhelm ILL Fischenzstraße 55

1943 verhaftet wegen Verweigerung des Dienstes an der Waffe

Joseph Wilhelm Ill wurde am 30. Dezember 1909 in Konstanz-Wollmatingen geboren. Seine Eltern waren Joseph Ill aus Hödingen bei Überlingen, und Luise, geb. Maier, aus Konstanz-Egg.

Seine familiäre Situation dürfte schwierig gewesen sein. Er war der Sohn aus der ersten Ehe seines Vaters, der nach der Scheidung von seiner ersten Frau und Joseph Ills Mutter noch zweimal geheiratet und mit den beiden anderen Ehefrauen drei weitere Kinder hatte. 1931 war er mehrere Monate auf Wanderschaft.

Schon als Jugendlicher war Joseph Ill verhaltensauffällig. Seine Eltern gaben ihn in das Augustinusheim bei Ettlingen, ein Heim für schwierige männliche Jugendliche. Da Joseph Ill mehrfach eigenmächtig das Heim verließ, wurde er in das Erziehungsheim Schloss Flehingen in Ober­derdingen im Kraichgau (Kreis Karlsruhe) überwiesen. Aber auch hier waren die Erzieher überfordert. „Die Verlegung nach der Illenau ist dringlich.“, weil Joseph Ill ein „haltloser Psychopath“ sei. Die Illenau bei Achern (Baden) war eine Heil- und Pflegeanstalt für psychisch Kranke. Am 7. September 1929 schickte er aus der Heilanstalt ein Gedicht an seine Eltern, dass so ganz seine Verzweiflung widerspiegelt:

„Liebe Eltern,
leider muss ich Euch mitteilen, dass ich mich in einer Irrenanstalt befinde….

Ein Unglück hat mich heimgesucht
vorbei war’s mit der Lebenslust
wann werd ich vom Frühling wieder besucht
o der kalte Winter mit seiner Sterbenslust.

Dieses Gedicht hat komponiert Euer unglücklicher Sohn, der Euch vielmals bittet um Hilfe.“

Am 29. Dezember 1929 wurde Joseph Ill aus der Heilanstalt Illenau entlassen. Wenig später kam er mit dem Gesetz in Konflikt. Von November 1931 bis Anfang Dezember 1932 war im Zuchthaus Bruchsal inhaftiert. Er befand sich dort in psychiatrischer Behandlung. Bruchsal war eines der wenigen Gefängnisse, in denen Gefangene auch psychiatrisch behandelt wurden.
 
Am 09. November 1935 heiratete er Anna, geb. Mühlen­bach, aus Wolfach im Schwarzwald. Kinder hatte das Ehepaar Ill keine. Nach dem Tod von Joseph Wilhelm Ill wurde die Ehe am 28. Januar 1944 geschieden. Nach dem Krieg heiratete seine Frau ein zweitesmal.
 
Trotz seiner psychischen Probleme wurde Joseph Ill am 13. April 1942 zur Wehrmacht eingezogen. Er wurde der Panzerjäger-Abteilung 305 zugeteilt, die 1940 im Raum Ravensburg aufgestellt wurde. Diese Abteilung wurde im Januar 1943 in der Schlacht um Stalingrad vernichtet.
 
Wegen Fahnenflucht wurde Joseph Ill am 11. Dezember 1943 vom Feldgericht der Wehrmachtskommandantur Berlin für wehrunwürdig erklärt und zum Tode verurteilt. Am 24. Januar 1944 wurde er im Zuchthaus Branden­burg-Görden hingerichtet. Das Kriegsgerichtsurteil konnte nicht ermittelt werden.
 
Seine Grabstelle ist unbekannt.

Recherche: Bernd Wunder / Uwe Brügmann
Patenschaft: Hubert Wippler

Quellen & Literatur:

Schreiben vom 5.12.2008 der "Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht" (WASt), 13400 Berlin.
Staatsarchiv Freiburg, B 821/2, Nr. 8117.
Stadtarchiv Konstanz.
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