Wilma
HAISCH

1879 - 1940 I
Kanzleistraße 1
Stolperstein verlegt am 27.06.2014
Wilma HAISCH Kanzleistraße 1

Mit einem der ersten Patiententransporte aus der Heil- und Pflegeanstalt bei Konstanz in die Mordanstalt Grafeneck deportiert

Wilma Haisch wurde am 30. Juli 1879 in Heidenheim an der Brenz geboren. Sie war ein Zwillingskind und kam zehn Wochen zu früh auf die Welt; der Bruder starb wenige Stunden nach der Geburt. Schon bald zogen die Eltern, Christian und Emilie Haisch, die in Heidenheim eine Zigarrenfabrik besaßen, mit ihr und den 22 Geschwistern nach Konstanz. Dort ließen sie das Haus Ecke Kanzleistraße 1 / Marktstätte erbauen, in dem sie im Erdgeschoss eine Tabakwarenhandlung eröffneten.  

Als Frühchen blieb Wilma immer ein schwächliches und sehr sensibles Kind; sie war aber als intelligentes und lerneifriges Mädchen eine gute Schülerin. Wie zu dieser Zeit üblich, kam sie als „Tochter aus gutem Hause“ später in ein Pensionat und anschließend zur weiteren „standesgemäßen“ Ausbildung in ein evangelisches Pfarrhaus. In dieser Zeit erkrankte sie psychisch; sie verfiel in Schwermut aufgrund einer unglücklichen Beziehung zu einem verheirateten Mann und einer Fehlgeburt. Fortan lebte sie wieder – unterbrochen von mehreren Aufenthalten in verschiedenen psychiatrischen Kliniken – bei ihren Eltern. Doch als diese selbst alt und pflegebedürftig wurden, gaben sie ihre Tochter Wilma ganz in die Obhut der Heil- und Pflegeanstalt bei Konstanz.

Mit dem zweiten Transport im Rahmen der „Aktion T4“ wurde Wilma Haisch – zusammen mit 90 weiteren Frauen – am 17. Juni 1940 aus der Anstalt in die Mordanstalt Grafeneck gebracht und noch am selben Tag vergast.

Recherche: Rosmarie Lindner (geb. Haisch)
Patenschaft: Andrea Siedow

Quellen & Literatur:

Bade, Sabine / Didra, Roland: Es konnte alle treffen - Gedenkbuch für die Konstanzer Opfer von NS-Zwangssterilisation und „Euthanasie“-Verbrechen 1934–1945, Konstanz 2024 (hier verfügbar);
Bundesarchiv (BArch): Bestand R 179, Nr. 6981;
Lindner, Rosemarie: Zwei Lebensschicksale – eng verbunden mit dem ZfP Reichenau, in: Seelos, Hans-Jürgen / Hoffmann, Klaus (Hg.): 100 Jahre Eröffnung des heutigen Zentrums für Psychiatrie Reichenau, Köln 2013, S. 373-375;
Opferliste Gedenkstätte Grafeneck
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