Andreas
FRIEDRICH

1918 - 1963 I
Emmishofer Straße 4
Stolperstein verlegt am 9.7.2018
Andreas FRIEDRICH Emmishofer Straße 4

Vom NSKK zur Résistance: Andreas Friedrichs mutiger Kampf für die Freiheit

Andreas Friedrich wurde am 5. April 1918 in Colmar im Elsass geboren. Von Beruf war er Friseur.

Nach der Besetzung des Elsass durch deutsche Truppen kam Andreas Friedrich im September 1940 als Zivilarbeiter nach Konstanz und arbeitete hier als Friseur. Zivilarbeiter waren ausländische Arbeiter, die entweder aus eigenem Antrieb oder durch Vermittlung eines Arbeitsamtes freiwillig nach Konstanz kamen. Sie hatten die gleichen Rechte wie deutsche Arbeitnehmer, erhielten also gleichen Lohn und Urlaub. Bei den beiden kriegswichtigen Großbetrieben Stromeyer und Herosé arbeiteten z.B. viele französische Zivilarbeiter, hauptsächlich Elsässer.

Als Andreas Friedrich nach Konstanz kam, trat er in das Nationalsozialistische Kraftfahrercorps (NSKK) ein. Offenbar war er sehr an Technik und Autos interessiert. Bis Anfang 1942 war er im Konstanzer Motorsturm M 156 aktiv. Unter dem Einfluss seiner elsässischen Landsleute in Konstanz änderte er aber seine deutschfreundliche Einstel­lung und wurde zum patriotisch gesinnten Franzosen. Er trat jetzt für die Rückkehr des Elsass nach Frankreich ein und hoffte auf die deutsche Niederlage im Krieg.

Die Gastwirtschaft „Zum Burengeneral“ (Brotlaube 4) im Stadtzentrum war der Treffpunkt der Elsässer Zivilarbeiter. Im „Burengeneral“ sprachen die Elsässer untereinander durchwegs Französisch. Hier lernte Andreas Friedrich auch seine Landsleute Robert Ballast und Viktor Freund kennen, beide überzeugte Kommunisten und Anhänger eines französischen Elsass.

Robert Ballast wusste von einer Scheune in Mülhausen/Elsass, wo die französische Armee bei ihrem Rückzug vor der Wehrmacht 1940 Dutzende Handgranaten versteckt hätte. Diese Waffen wollten nun A. Friedrich und R. Ballast bergen; gemeinsam mit Viktor Freund wollten sie sich damit gewaltsam ihren Grenzübergang in die Schweiz erzwingen. Von der Schweiz wollten sie dann durch den unbesetzten Teil Frankreichs nach Nordafrika und sich der regulären französischen Armee anschließen, um gegen die Deutschen zu kämpfen.

Anfang Juli 1942 fuhren Ballast und Friedrich mit der Bahn ins Elsass, um die dort versteckten Handgranaten zu bergen. In Mülhausen angekommen, trauten sie sich aber nicht in die Scheune, weil sie befürchteten, diese könnte ein französisches Kriegsgefangenenlager sein und von deutschen Soldaten bewacht werden. Im Zuge der Ermittlungen gegen Ballast und Friedrich stellte die Gestapo später fest, dass in der Scheune weder französische Soldaten untergebracht noch Handgranaten versteckt waren.

Bei ihrer Rückkehr aus dem Elsass wurden Ballast und Friedrich am 17. Juli 1942 von der Gestapo am Konstanzer Bahnhof verhaftet. Am 12. Februar 1943 mussten sich die drei Männer in Trier vor dem Volksgericht verantworten.

Andreas Friedrich und Robert Ballast wurden wegen Hochverrats zu je 4 Jahren Zuchthaus verurteilt. Ihr Landsmann Viktor Freund, die treibende Kraft des Wider­stands, wurde zum Tode verurteilt. Ein mitangeklagter zwanzigjähriger Schweizer namens Arthur Neuhaus, der als Kraftfahrer ebenfalls bei Herosé arbeitete und locker mit den drei Elsässern befreundet war, erhielt wegen Mitwisser­schaft 2 Jahre Gefängnis.

Andreas Friedrich verbüßte seine Haftstraße im Gefängnis Bruchsal. Wahrscheinlich überlebte er wegen seiner Inhaftierung den Krieg. Viele gleichaltrige Elsässer wurden als „Malgré-nous“ („wider unseren Willen“) in die deutsche Wehrmacht oder in die Waffen-SS gepresst; so fielen Tausende Elsässer in deutschen Uniformen während des Krieges.

Nach der Befreiung Bruchsal durch die amerikanische Armee Mitte April 1945 wurde Andreas Friedrich aus dem Gefängnis entlassen. Er war 2 Jahre und 9 Monate in Haft.

Andreas Friedrich kehrte in seine Heimat zurück und starb am 28. Juli 1963 in Colmar/Elsass.

Recherche: Uwe Brügmann
Patenschaft: Jürgen Weber

Quellen & Literatur:

Bundesarchiv Berlin, Akten R 3017/ 17754-17760, R 3018 [alt NJ]/1056.
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