Margarete
EHINGER

1893 - 1974 I
Salmannsweilergasse 14
Stolperstein verlegt am 09.09.2013
Margarete EHINGER Salmannsweilergasse 14

Von Nachbarn denunziert und 1940 vom Sondergericht Mannheim angeklagt

Margarete (Grete) Ehinger, geb. Retzbach, wurde am 10. Juni 1893 in Wachbach/Mergentheim geboren.

Ihr Vater hatte eine Metzgerei. Mit 20 Jahren verließ sie ihr Elternhaus und verdingte sich in verschiedenen Haushalten als Dienstbotin. Noch vor dem Ersten Weltkrieg heiratete sie den Maurer Albert Ehinger, der nebenher eine kleine Schweinezucht betrieb. Das Ehepaar Ehinger hatte zwei Kinder mit Namen Eberhard und Edelburg. 1923 übersiedelte das Ehepaar nach Konstanz. Hier arbeitete Margarete Ehinger als Näherin.

Margarete Ehinger war in keiner Partei und auch nicht gewerkschaftlich organisiert. Dennoch hatte sie von Anfang an ein distanziertes Verhältnis zum National­sozialismus. Sie ließ ihre Kinder nicht in der Hitlerjugend mitmachen, obwohl sie für beide Mitgliedsbeiträge zahlte. Sie hielt sich auch nicht mit Äußerungen gegen den Nationalsozialismus zurück. Einmal soll sie geäußert haben: “Wenn ich ein Radio hätte, ich täte es in tausend Stücke schlagen: ich will von dem ganzen Lumpenzeug nichts hören.“ Noch eine zweite Äußerung von ihr über das Nazi-Regime ist erhalten: „Kein Mensch darf heute den Mund aufmachen, man wird schon sehen, wohin das führt“.

Sie wurde prompt von Nachbarn denunziert und am 30. April 1940 verhaftet. Am 19. Juli 1940 wurde sie vom Sondergericht Mannheim angeklagt, weil sie gegen das „Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutz der Parteiuniformen“ (das sogenannte „Heimtückegesetz„) vom 20. Dezember 1934 verstoßen habe. In §2 dieses Gesetzes hieß es: “Wer vorsätzlich eine unwahre oder gröblich entstellte Behauptung tatsächlicher Art aufstellt oder verbreitet, die geeignet ist, das Wohl des Reichs … schwer zu schädigen, wird … mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und, wenn er die Behauptung öffentlich aufstellt oder verbreitet, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft.“ In der Anklageschrift heißt es dann auch, dass Margarete Ehinger „fortgesetzt gehässige, ketzerische und von niedriger Gesinnung zeugende Äußerungen über leitende Persönlichkeiten des Staates und ihrer Anordnungen…gemacht hat, die geeignet sind, das Vertrauen des Volkes zur politischen Führung zu untergraben.

Margarete Ehinger wurde zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt. Die Strafe verbüßte sie in den Gefängnissen von Konstanz und Mannheim.

Margarete Ehinger starb am 12. April 1974 in Konstanz.

Recherche: Uwe Brügmann
Patenschaft: Dieter Ehinger

Quellen & Literatur:

Staatsarchiv Freiburg, Entschädigungsakte Margarete Ehinger, F 196/1, Nr. 4320.
Generallandesarchiv Karlsruhe, 507 Nr. 3560-3561.
ITS Arolsen.
Persönliche Informationen vom Enkel, Dieter Ehinger.
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