Die ehemalige Heilanstalt Zwiefalten am Fuß der Schwäbischen Alb besaß aufgrund ihrer räumlichen Nähe zu der bei Münsingen gelegenen „Euthanasie“-Tötungsanstalt Grafeneck eine Schlüsselrolle. Die damalige Anstalt diente nicht allein als regionale psychiatrische Einrichtung, sondern war faktisch für etwa 1 500 Patient*innen und Pfleglinge staatlicher, kirchlicher oder privater Institutionen auch Zwischenanstalt auf ihrem Weg in den Tod in Grafeneck. Auch nach dem Ende der NS-Morde in Grafeneck im Dezember 1940 kam es noch zu weiteren Deportationen ins hessische Hadamar. Die Funktion Zwiefaltens ging jedoch über die Umsetzung der zentralen Euthanasie hinaus: Im April 1939 war die Anstalt vom württembergischen Innenministerium unter anderem zur Sammeleinrichtung für jüdische Psychiatriepatient*innen bestimmt worden. Nach dem Ende der >Aktion T4< wurde die Anstalt Zwiefalten vom Innenministerium zugleich zur Pflegeanstalt ernannt und hatte damit bis Kriegsende diese und weitere Funktionen inne.
Im Anschluss: Eröffnung der Ausstellung „Psychiatrie und Nationalsozialismus im deutschen Südwesten“ mit einer Einführung durch Prof. Dr. Thomas Müller und Dr. Bernd Reichelt (Kulturzentrum am Münster – Gewölbekeller)