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Stolpersteine Konstanz

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Robert STUX  1875 – 1957

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geb. 03.01.1875, Leipnik / Mähren

DEPORTIERT 1940

GURS

BEFREIT / ÜBERLEBT

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Seestr. 29 heute
(Juni 2018)

 

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Stolperstein für Robert STUX
verlegt am 27.06.2014

 

Ehefrau: Elsa STUX

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Robert und Elsa STUX
anlässlich ihrer Goldenen Hochzeit
Anfang der 1950er-Jahre
Bildquelle: privat

 

Robert Stux wurde am 03.01.1875 in Leipnik/Mähren, einem Provinzstädtchen in der österreichisch-ungarischen Monarchie geboren.

Robert Stux hatte drei Geschwister: Arthur, (geb. 1882), Gisela (geb. 1876) und Angela (geb. 1880). Arthur überlebte den Holocaust, während die beiden Schwestern Opfer des Holocaust wurden.

Robert Stux studierte in Brünn bis 1896 Maschinenbau, und leistete dann bis 1900 bei der k.u.k. Kriegsmarine in Pola (Istrien/ heute Kroatien) seinen Wehrdienst ab. Anschließend ging er nach Wien und war Maschinenkonstrukteur bei der österreichischen Firma Schember, die Waagen herstellte.

1905 übersiedelte Robert Stux nach Konstanz und kaufte eine Villa in der Seestraße. Den Bau der Villa hatte Anfang der 1880er-Jahre der Besitzer und Herausgeber der „Konstanzer Zeitung“, Otto Reuss, in Auftrag gegeben. Diese Villa war von dem bekannten Konstanzer Architekten Heinrich Blattner geplant worden.

 

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Aufnahme der Villa des Ehepaars Stux, Seestraße 29 (Quelle: Stadtarchiv Konstanz, Bauakte S XX/3098)

 

Robert Stux war Generalvertreter der Zwickauer Firma Thost, die Feuerungsöfen herstellte. Seine Einsatz­gebiete waren die Schweiz, Vorarlberg und das Sudetenland.

Anfang der 1920er-Jahre machte sich Robert Stux mit einem Ingenieursbüro selbständig.

Die  Villa in der Seestraße war gutbürgerlich eingerichtet  mit Bibliothekszimmer, Rauchersalon und Gästezimmern; natürlich wohnte auch eine Haushälterin in der Villa.

 

Robert und Elsa Stux führten ein offenes Haus und waren sehr gastfreundlich und familienorientiert. Elsa hatte ein gutes Verhältnis zu ihren Schwestern. Laura Ferber wohnte ständig in der Villa Stux; Gisela, verheiratete Klein, wohnte mit kürzeren Unterbrechungen in der Seestraße, ehe sie im April 1933 nach Wien verzog. Auch Rosa Ferber, war häufig Gast im Hause Stux. Aber auch eine Schwester von Robert Stux, Angela, die mit ihrem Ehemann Josef Eule in Karlsruhe wohnte, war mit ihren beiden Söhnen Arthur und Paul öfter zu Gast in der Stux-Villa.

 

 

Nach dem „Anschluss“ Österreichs im März 1938 an das Deutsche Reich kamen Dutzende österreichische Juden nach Konstanz, in der Hoffnung, von hier in die nahe Schweiz zu gelangen. Einigen gelang dies Vorhaben auch mit Hilfe grenzkundiger Konstanzer, anderen nicht.

In dieser schwierigen Zeit, als die Wiener Juden dem Naziterror hilflos ausgesetzt waren, nahm das Ehepaar Stux im Mai 1938 die Tochter einer befreundeten Wiener Familie auf. Das Mädchen hieß Renée Stein (geb. 1923 in Wien). Allerdings war sie auch in Konstanz ihres Lebens nicht sicher.

Am 22. Oktober 1940 wurde sie zusammen mit dem Ehepaar Stux und weiteren Konstanzer Juden nach Gurs deportiert. Quellen belegen, dass sie später das Lager Gurs mit Hilfe der jüdischen Hilfsorganisation OSE (Œuvre de secours aux enfants) verlassen konnte. 1944 schloß sie sich der französischen Wider­stands­bewegung an, der Résistance. 1948 heiratete sie den Auschwitz-Überlebenden Gustav Karl aus Walsdorf Bamberg und blieb in Frankreich.

Mit im Haushalt lebte auch noch eine Pflegetochter aus Konstanz, die das kinderlose Ehepaar Stux förderte, indem es ihr den Besuch der Klosterschule Zoffingen und später eine Ausbildung bei der Stadt Konstanz ermöglichte. Auch der Vater von Robert Stux, Salomon Stux, weilte häufiger zu Besuch in Konstanz; bei einem dieser Besuche ist er am 17.03.1918 in Konstanz gestorben; sein Leichnam wurde in seine mährische Heimatstadt Leipnik überführt.

Wenige Tage nach dem 10. November 1938, dem Tag der Zerstörung der Konstanzer Synagoge, gab der Kreisleiter der NSDAP, Wilhelm Sandritter, den Befehl, die Pension Wieler in der Hebelstraße und die Villa Stux zu zerstören. Oberbürgermeister Herrmann verhinderte dies, weil er offensichtlich keine Ruinen am Bodenseeufer, der Flaniermeile der Konstanzer, wollte.

Unter dem Druck der politischen Verhältnisse verkaufte das Ehepaar Stux Anfang November 1939 sein Haus in der Seestraße, die seit 1933 Adolf-Hitler-Ufer hieß. Da sich die Umbaupläne des neuen Besitzers hinzogen, konnte das Ehepaar Stux weiter im Haus wohnen bleiben. Am 14.05.1940 musste das Ehepaar auf behördliche Anweisung in das "Judenhaus" in der Bruderturmgasse 8 umziehen. Judenhäuser waren im Behördendeutsch Häuser, die  Juden gehörten und in denen nur jüdische Mieter wohnen durften.

 

Am 20.10.1940 wurden das Ehepaar Stux und Laura Ferber, die Schwester von Elsa Stux, zusammen mit 108 anderen Juden aus Konstanz nach in Süd­frankreich deportiert. Unter unbeschreiblichen Lebens­bedingungen war das Ehepaar Stux vom 25.10.1940 bis zum 07.05.1942 in Gurs inhaftiert.

 

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Elsa STUX
Karteikarte im Lager Gurs
(Quelle: Archives départementales des
Pyrénées-Atlantiques, Pau)

 

Wie viele ältere Inhaftierte über 60 Jahre wurde das Ehepaar Stux nach Auflösung des Lagers nicht nach Auschwitz deportiert, sondern fand in Südfrankreich in mehreren privaten Pensionen Unterkunft. Solche Unterkünfte für ältere Juden hatte der Erzbischof von Lyon, Pierre-Marie Gerlier, bereitgestellt.

Ab dem 01.04.1944 war das Ehepaar auf der Flucht in die Schweiz. Nach einigen Wochen Quarantäne an der Grenze erhielt das Ehepaar Stux eine Aufent­haltsgenehmigung für Bern und wurde hier von einer jüdischen Hilfsorganisation unterstützt. Am 03.04.1950 musste das Ehepaar Stux die Schweiz verlassen und übersiedelte in ihre alte Heimatstadt Konstanz.

Zurück in Konstanz, klagte Stux vor der Restitu­tionskammer am Landgericht Konstanz auf Rückgabe seines 1939 verkauften Hauses. Vertreten von Dr. Herbert Engelsing, der während des Dritten Reiches bei der TOBIS-Filmkunst GmbH eine führende Position innehatte, argumentierte Stux, sein Haus sei 1939 mehr wert gewesen als der vertraglich vereinbarte Kaufpreis von 50.000 Reichsmark. Die als Zeugen geladenen Sachverständigen Hermann Blomeier, Architekt, und Paul Jordan, ehemaliger Stadtbau­meister, meinten hingegen, der Verkaufspreis habe dem damaligen Wert des Hauses entsprochen. So erhielt das Ehepaar Stux nur eine finanzielle Entschädigung für ihre Haftzeit in Gurs und ihr anschließendes Exil in Frankreich (insgesamt 1240 Tage).

Nach dem Krieg wohnte das Ehepaar Stux zunächst in einer bescheidenen Wohnung in der Oberen Laube, bis es dann einen Platz im Pflegeheim in der Hebelstraße 6/8 bekam.

 

 

 

Robert Stux starb am am 08.01.1957 in Konstanz. Sein Grab befindet sich auf dem jüdischen Friedhof Konstanz.

 

 

 

 

 

 

Recherche: Uwe Brügmann

Patenschaft: Hannelore Kaibach-Jülicher, Werner Kaibach

Quellen:

Staatsarchiv Freiburg, Entschädigungsakten Robert und Elsa Stux, F 196 /1, Nr. 800; F 166 / 1, Nr. 3672;  F 166 / 1, Nr. 3648 und P 303 / 4, Nr. 1181

Stadtarchiv Konstanz